2025
Verantwortlich für diese Seite: Jutta Wurm
Bereitgestellt: 01.01.2025
Di. 21.01.2025, 19.00 bis 21.00 Uhr
Evang.-Ref. Kirche Rheinfelden, Zürcherstrasse 1, 4310 Rheinfelden
Evang.-Ref. Kirche Rheinfelden, Zürcherstrasse 1, 4310 Rheinfelden
Einen – wie mir scheint, interessanten und zeitgemässen – Aspekt seines theologischen Denkens nehmen wir an diesem Abend in den Blick: „Die Mystik des Apostels Paulus“. Im gleichnamigen Buch befasst sich Schweitzer mit der sog. „Rechtfertigungslehre“ von Paulus. Diese gilt der evangelischen Kirche als „articulus stantis et cadentis ecclesiae“, als Grundsatz, mit dem die Kirche steht und fällt.
Schweitzer hingegen vertritt die These, dass die „Rechtfertigung allein aus Glauben und nicht durch Werke des Gesetzes“ nur ein „Nebenkrater“ des paulinischen Denkens sei. Den „Hauptkrater“ bilde die „Mystik des Seins in Christus“.
Im Rahmen eines Vortrags zum Abschluss der Albert Schweitzer-Ausstellung werde ich die „Mystik des Apostels Paulus“ von Albert Schweitzer vertieft darzustellen und theologisch einzuordnen versuchen.
Die folgende biblische Betrachtung (erschienen in „dr Güggel“ 1/25) ist eine erste Annäherung, die hoffentlich Ihr Interesse weckt 😊:
„Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ (Gal 2, 20)
Als sei er durch die geöffneten Pforten ins Paradies eingetreten: So, schreibt der Reformator Martin Luther, habe er sich gefühlt, als sich ihm der Sinn der „Rechtfertigung allein aus Glauben und nicht durch Werke des Gesetzes“ auftat. Die „Rechtfertigungslehre“ geht zurück auf den Apostel Paulus und gilt der evangelischen Kirche als „articulus stantis et cadentis ecclesiae“, als Lehrsatz, mit dem die Kirche steht und fällt.
Jahrhunderte nach Luther befasste sich Albert Schweitzer, der berühmte Urwalddoktor, der auch ein begnadeter Organist und, was wenige wissen, auch ein hochgelehrter Theologe war, seinerseits mit Paulus. In einem 500-seitigen Buch mit der Überschrift „Die Mystik des Apostels Paulus“ behauptet er, steil und in scharfem Gegensatz zu Luther, die Rechtfertigungslehre sei nur eine „Nebenlehre“, ein „Nebentrieb“, „ein Nebenkrater, der sich im Hauptkrater der Erlösungslehre der Mystik des Seins in Christus bildet“. Merkwürdigerweise sei dieses „Fragment“ das, „was an der Lehre des Paulus das Wirksamste wurde“.
Tatsächlich scheint es bei Paulus zwei Konzepte von Erlösung zu geben, die nicht deckungsgleich sind. Da ist auf der einen Seite die Rechtfertigungslehre, die mit juristischer Begrifflichkeit zum Ausdruck bringt, dass ich, frei von Leistung, unabhängig von meinen Taten, von Gott „gerechtfertigt“, zurechtgebracht, ins Recht gesetzt bin. Im Römerbrief heisst es in einem Vers, der zum Leitsatz der Reformation geworden ist: „Wir halten fest: Gerecht wird ein Mensch durch den Glauben, unabhängig von den Taten, die das Gesetz fordert.“ (3, 28)
Von Paulus aber stammen auch diese Worte wie jenes, das über dieser biblischen Betrachtung steht. Die Sprache ist hier eine ganz andere als dort, keine juristische, sondern eine mystische. Es geht um Verbundenheit, Verwandlung, da ist keine Gerechtsprechung von aussen, sondern Transformation des „inneren Menschen“. Das ist es, was Schweitzer mit „Mystik des Seins“ meint.
Nicht nur sprachlich, auch inhaltlich unterscheiden sich die beiden Konzepte. Dort erfolgt die Erlösung durch den stellvertretenden Tod Christi, hier gilt es, mit Christus zu sterben, um mit ihm auch mitaufzuerstehen. Sündenvergebung meint dann, sagt Schweizer, eher „Sündenvernichtung“. Es ist der „Alte Adam“, das Ego, welches im Taufwasser versenkt wird, auf dass ich als neue Schöpfung wieder auftauche, gereinigt, geheilt, durchdrungen und erfüllt von Christus-Energie, von neuem Leben „in Christus“.
Kontakt: Pfr. Andreas Fischer