2025
Verantwortlich für diese Seite: Andreas Fischer
Bereitgestellt: 29.01.2025
Pfarrperson: Andreas Fischer
Musik: Grossstadtchnulleri Kaiseraugst
Kollekte: Hilfsverein Lambarene Spital
Es herrscht Premieregroove; alle sind nervös, besonders der Chnulleri-Major, Kimon Sorg, und der Pfarrer. Cool ist einzig Theobald, em Pfaff sin Aff. Er wird ex cathedra, von der Kanzel herab vorwitzig-altkluge Reden vortragen:
„Heut müsst ihr nicht auf Durchzug schalten! / Der Pfaff wird seine Schnuure halten. / ICH werd in der Kirche walten. / Drum, Leute, kommt in grosser Zahl! / Mich zu verpassen wär fatal.“
Im Namen von Theobald und allen anderen Beteiligten lädt herzlich ein:
Andreas Fischer, Pfarrer von und zu Chaiseraugscht.
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10 Jahre Theobald *
Die Pfarrwahlkommission war mir wohlgesinnt, die Stimmung beim Bewerbungsgespräch entsprechend entspannt. Dann stellte Gitte Niederberger, langjährige Kaiseraugster Kirchenpflegerin, eine Frage, deren Tragweite der Zürcher Kandidat damals noch nicht einschätzen konnte: «Können Sie sich vorstellen, einen Fasnachtsgottesdienst zu gestalten». Nun, ähm, ich wollte die Stelle. Deshalb sagte ich ahnungslos, aber mit Überzeugung: «Ja, klar.» Bald darauf wurde ich zur Wahl vorgeschlagen. Das war vor zehn Jahren.
Lügen haben bekanntlich kurze Beine, und die Zeit zwischen meinem Amtsantritt und dem ersten Fasnachtsgottesdienst erwies sich für den Neophyten tatsächlich als extrem kurz. Es war Dezember, die damalige Majorin der lokalen Gugge «Grossschtadtchnulleri», Fabienne Grossenbacher, stand unter der Tür und fragte, was Sache sei. Ich bat um Bedenkfrist und wandte mich, wie immer in Notsituationen, an Jutta, meine Frau. Sie stammt aus dem deutschen Rheinland und hat den Karneval, trotz langjähriger Abstinenz im Zürcher Exil, irgendwie in den Genen. Ausserdem ist sie, wie man weiss, eine hochbegabte Kleinkünstlerin.
Was das Thema des Fasnachtsgottesdienstes sei, fragte sie. «Affenzirkus», antwortete ich und machte dazu eine Grimasse, als würde ich etwas sehr Ekliges anfassen. Handkehrum bestellte Jutta eine Handpuppe mit Affengesicht, und überdies erinnerte sie mich an die allgemeinmenschliche Neigung zu dem, was in meinem Dialekt als «Verslibrünzle» bezeichnet wird (und was, wie mein damaliger Magdener Pfarrkollege Peter Senn mir erklärte, nichts mit den «Schnitzelbängg» zu tun hat, deren Produktion eine doch etwas gehobenere Form von Kultur voraussetze, wie zum Beispiel er sie pflege).
Dann kam die Initiation. Die Grossschtadtchnulleri stürmten die heiligen Hallen unseres Kirchgemeindehauses, sie intonierten, in assortierten Kostümen, «Die Affen rasen durch den Wald», die Trommelfelle wurden aufs Ärgste belastet. Es folgte, mit Furcht und Zittern, mein erster Auftritt: «Die Affen rasen durch das Kaff, / es luegt verduzzt de Zürcher Pfaff».
Der lang einstudierte Vers erntete wohlwollenden Applaus. Wenig später betrat Theobald, em Pfaff sin Aff, die Bühne: «Die Affen rasen durch den Wald, / und ich, ich heisse Theobald!»
Das Publikum brüllte, kreischte, schrie. Der Rest ist – mit der nötigen Distanz des Zürcher Volkskundlers formuliert, der hier, bei den raurischen Indigenen, seine ethnologischen Studien betreibt – Geschichte. Theobald hat in einer Dekade von Fasnachtsgottesdiensten die Bühne gerockt. «Bim Vorbereite häts i mim Hirni amigs blockt, dänn isch de Schtürmi vor de Compi ghockt, hät mi us em Büro vertribe. Und ich ha mer d Auge gribe: Dä hät tatsächlich d Predigt gschribe!»
Die bescheidene Antwort des Affen lautet: «Ich will ja nicht übertreiben, / aber ich kann einfach besser schreiben / als er – ist ja auch nicht schwer…»
Fröhliche Fasnacht wünschen Theobald und Andreas Fischer, em Aff sin Pfaff.
* Editorial "dr Güggel" 2/25
Kontakt: Pfr. Andreas Fischer