Verantwortlich für diese Seite: Andreas Fischer
Bereitgestellt: 24.05.2023
Die Magdemer Künstlerin Käthy Keller stellt im Kirchgemeindehaus Kaiseraugst Keramikbilder aus. Sie erinnern an Baumrinden und sind von verzaubernder Schönheit.
Andreas Fischer,
Aufgewachsen ist Käthy Keller-Wullschleger gemeinsam mit ihrem älteren Bruder in der Kloos in Rheinfelden. Ihr Vater war Zeichnungslehrer, von ihm habe sie wohl ihre Affinität zur Kunst, vermutet Käthy Keller, doch nicht nur: „Auch unsere Mutter war ein kreativer Mensch, nur konnte sie das neben ihrem Mann nicht ausleben. Das gehörte sich damals, in den 50-er-Jahren, nicht für die Frau des Lehrers.“ Ihr selber wurden keine Steine mehr in den Weg gelegt. Sie besuchte den Vorkurs an der Kunstgewerbeschule in Basel, danach liess sie sich zur Kindergärtnerin ausbilden. „Damals wollten alle Grafiker werden, dabei gab es in der Branche kaum Stellen. Für mich war Kindergärtnerin der Traumberuf, ich war gern mit Kindern zusammen und konnte all mein künstlerisches Knowhow in den Unterricht einbringen.“
Das Kindergärtnerinnenseminar absolvierte sie in Ebnat-Kappel im Toggenburg, in einem Internat, „wir waren alles Frauen, und um zehn Uhr war Lichterlöschen, doch es war eine tolle Zeit“, erinnert sie sich. „Wir waren viel am Werken, das lag mir mehr als der theoretische Unterricht.“ Es folgte ein Jahr in London, wo sie wiederum Kurse an einer Kunsthochschule belegte. Dann kehrte sie in die Heimat zurück.
Kasperlitheater im Nebenraum
In Magden wurde sie Lehrerin am eben eröffneten Kindergarten, „es waren – heute unvorstellbar – 48 Kinder. Aber für mich war es der perfekte Start ins Berufsleben. Ich konnte alles selber einrichten, neben dem Schulzimmer befand sich ein zweiter Raum, in dem ich ein Kasperlitheater aufbaute, da gab es viele Aufführungen, auch die Figuren habe ich selber gemacht.“
Käthy Kellers Talent blieb ihrem Umfeld nicht verborgen. Bald schon wurde sie angefragt für Lehrerfortbildungen, in Holzbearbeitung, Töpfern, Gestalten von Kasperlifiguren. Und der Rektor der Schule in Magden überzeugte sie, statt ihres geliebten Kindergartens fortan den Werkunterricht an der Primarschule zu übernehmen. Berufsbegleitend liess sie sich zur Werklehrerin ausbilden.
Zuvor hatte sich das eingestellt, was Käthy Keller lachend als „Klassiker“ bezeichnet: „Kindergärtnerin und Lehrer verlieben sich“. Sie und ihr Mann Marcel hatten ihre Stellen in Magden am selben Tag im April 1970 angetreten. Drei Jahre später, am 7. Juli 1973, heirateten sie. Die Goldene Hochzeit steht also vor der Tür. Drei Kinder kamen zur Welt, das Setting mit dem Lehrer-Mann erwies sich als hilfreich für die eigenen beruflichen Ambitionen. Marcel Keller kam nachmittags um vier Uhr nach Hause, ab dann konnte sie unterrichten. In den Sommerferien erteilte sie Fortbildungskurse für Lehrerinnen und Lehrer, und auch sonst bot sie Kurse an, in der Kirche, der Gemeinde.
Dann kam ein Kollege auf sie zu mit der Frage, ob sie nicht an seiner Stelle den Zeichenunterricht übernehmen möge; er selber sei darin nicht begabt. Von da an, während der letzten fünf Jahre ihrer beruflichen Tätigkeit, erteilte sie ausschliesslich Bildnerisches Gestalten an der Oberstufe.
Käthy Keller hat ihr künstlerisches Schaffen schon oft ausgestellt, in der Alten Trotte in Effingen, der Galerie Looberg in Zuzgen, im Magidunum in Magden, an der Grün 80, im Spital Rheinfelden usw. In einer Kirche aber habe sie noch nie ausgestellt, sagt sie, das sei eine Premiere. Und auch, dass sie allein ausstelle; darauf freue sie sich.
Die Schönheit einer Baumrinde
Früher hat Käthy Keller vor allem gemalt, doch dann wollte sie Neues ausprobieren, „Dinge, die nicht alle machen“. Die Werke, die sie diesmal präsentiert, sind inspiriert von der Baumrinde. Überhaupt habe sie eine starke Verbindung zum Wald, sagt Käthy Keller, und wenn sie von der Baumrinde erzählt, kommt sie ins Schwärmen: „Baumrinden sind künstlerisch unglaublich spannend, mit Rissen, Brüchen, Löchern, die der Specht reingehämmert hat, von Moos überwachsen und so weiter, jedes Stück ist einzigartig, und jedes von verzaubernder Schönheit.“
Beim Tüfteln mit neuen Techniken entdeckte sie, dass man Keramikplatten durch den Brennprozess in einer Weise zum Zerbrechen bringen kann, dass sie danach ähnlich wie Baumrinden aussehen und ebenfalls jedes Exemplar einzigartig ist. Wie das genau vor sich gehe, sei derzeit noch ihr gut gehütetes Geheimnis, doch irgendwann werde sie es weitergeben. „Ich liebe es, Sachen weiterzugeben“, sagt Käthy Keller, „sobald ich selber sicher weiss, wie sie funktionieren. Andere können damit dann ihr Eigenes machen.“ In einem Buch – „Mit Freude, Ton und Fantasie“, lautet der Titel – hat sie eine Fülle von Methoden zusammengetragen.
So eloquent Käthy Keller sich zu den Techniken äussert, so zurückhaltend gibt sie sich bei der Frage, was sie mit ihren Werken denn zum Ausdruck bringen will. Jedenfalls gehe es ihr nicht um eine Botschaft wie: „Rettet den Wald!“, „Rettet unsere Welt!“, und auch wenn Klebetechniken bei ihren Werken zur Anwendung kommen, an einen Baum kleben werde sie sich nicht. Wenn, dann gehe es ihr um eine Repräsentation der Schönheit des Waldes und der Natur.
Die zwölf Apostel
Und dann habe sie da noch ein kleines Supplement für den Pfarrer mit seinen ewigen Fragen nach dem Sinn, sagt sie maliziös, und zeigt eine skurrile Gruppe von abgebrannten Baumstrunken, auf die tönerne Köpfe modelliert sind. „Diese Herren“, sagt sie, „heissen ‚die zwölf Apostel‘“. Kürzlich sei im Olsberger Wald ein Brandstifter unterwegs gewesen und habe einen Ster Holz abgefackelt. Sie habe dann den Waldbesitzer angerufen, und nachdem sie ihn davon überzeugen konnte, dass nicht sie die Brandstifterin sei, habe sie von ihm die Erlaubnis erhalten, die verkohlten Scheite zu verwenden.
Wie sie denn darauf gekommen sei, den Hölzern Tonköpfe aufzusetzen, fragt der Schreibende. „Das schreit doch danach“, lautet die Antwort. „Solche Ideen kommen einfach.“ Ihr Mann – „er ist mit seinem handwerklichen Geschick eine unverzichtbare Hilfe“ – wurde beauftragt, unten eine Beschwerung anzubringen, und während dieser Tätigkeit kam ihm der Titel dieses Werks in den Sinn, eben: » „Die zwölf Apostel“. Derzeit schreinert er noch einen Tisch, auf dem die Herren alle nebeneinander Platz haben.
Und der Pfarrer wird mit der Aufgabe bedacht, im Gottesdienst anlässlich der Vernissage über die Berufung der zwölf Apostel zu predigen. All diese Ideen entwickelt Käthy Keller spontan, in unbeschwert-heiterer Atmosphäre. Wir lachen viel. Sie erzählt von einem Leben, das zufrieden, rund, gelungen wirkt. Die drei Kinder sind glücklich verheiratet, Käthy und Marcel Keller hüten oft und gern die sieben Enkelkinder, sechs davon sind Buben, einige von ihnen wollen Töpfer werden.
Das Klischee von der Künstlerin, die ihre Werke aus den Abgründen der eigenen Existenz heraus gebiert, kommt bei Käthy Keller nicht wirklich zum Tragen. Als der Schreibende am Schluss des Gesprächs auf die Frage, welche „Botschaft“ ihm denn in den Sinn komme bei den Baumrindenbildern, etwas verlegen seine liebste Zeile von Leonard Cohen zitiert – „There’s a crack in everything, that’s how the light gets in“, „in allem gibt es einen Bruch, das ist die Weise, wie das Licht eintritt“ –, spürt er selber, dass der Sinn der Werke damit nicht erfasst ist. Nicht undenkbar, dass der Sinn schlicht in der Schönheit liegt.
Die Ausstellung der Keramikbilder von Käthy Keller im reformierten Kirchgemeindehaus Kaiseraugst dauert bis am Sonntag, 9. Juli.
Öffnungszeiten:
Freitag, 26. Mai; Samstag, 27. Mai; Freitag, 2. Juni; Freitag, 9. Juni: jeweils 14-17 Uhr, in Anwesenheit von Käthy Keller
Gottesdienste: Sonntag, 4. Juni, 19.15 Uhr; 11. Juni, 10 Uhr; 2. Juli, 10 Uhr
Gottesdienst und Finissage: 9. Juli, 10 Uhr
Ein Rückblick auf die Vernissage findet sich » hier.
Das Kindergärtnerinnenseminar absolvierte sie in Ebnat-Kappel im Toggenburg, in einem Internat, „wir waren alles Frauen, und um zehn Uhr war Lichterlöschen, doch es war eine tolle Zeit“, erinnert sie sich. „Wir waren viel am Werken, das lag mir mehr als der theoretische Unterricht.“ Es folgte ein Jahr in London, wo sie wiederum Kurse an einer Kunsthochschule belegte. Dann kehrte sie in die Heimat zurück.
Kasperlitheater im Nebenraum
In Magden wurde sie Lehrerin am eben eröffneten Kindergarten, „es waren – heute unvorstellbar – 48 Kinder. Aber für mich war es der perfekte Start ins Berufsleben. Ich konnte alles selber einrichten, neben dem Schulzimmer befand sich ein zweiter Raum, in dem ich ein Kasperlitheater aufbaute, da gab es viele Aufführungen, auch die Figuren habe ich selber gemacht.“
Käthy Kellers Talent blieb ihrem Umfeld nicht verborgen. Bald schon wurde sie angefragt für Lehrerfortbildungen, in Holzbearbeitung, Töpfern, Gestalten von Kasperlifiguren. Und der Rektor der Schule in Magden überzeugte sie, statt ihres geliebten Kindergartens fortan den Werkunterricht an der Primarschule zu übernehmen. Berufsbegleitend liess sie sich zur Werklehrerin ausbilden.
Zuvor hatte sich das eingestellt, was Käthy Keller lachend als „Klassiker“ bezeichnet: „Kindergärtnerin und Lehrer verlieben sich“. Sie und ihr Mann Marcel hatten ihre Stellen in Magden am selben Tag im April 1970 angetreten. Drei Jahre später, am 7. Juli 1973, heirateten sie. Die Goldene Hochzeit steht also vor der Tür. Drei Kinder kamen zur Welt, das Setting mit dem Lehrer-Mann erwies sich als hilfreich für die eigenen beruflichen Ambitionen. Marcel Keller kam nachmittags um vier Uhr nach Hause, ab dann konnte sie unterrichten. In den Sommerferien erteilte sie Fortbildungskurse für Lehrerinnen und Lehrer, und auch sonst bot sie Kurse an, in der Kirche, der Gemeinde.
Dann kam ein Kollege auf sie zu mit der Frage, ob sie nicht an seiner Stelle den Zeichenunterricht übernehmen möge; er selber sei darin nicht begabt. Von da an, während der letzten fünf Jahre ihrer beruflichen Tätigkeit, erteilte sie ausschliesslich Bildnerisches Gestalten an der Oberstufe.
Käthy Keller hat ihr künstlerisches Schaffen schon oft ausgestellt, in der Alten Trotte in Effingen, der Galerie Looberg in Zuzgen, im Magidunum in Magden, an der Grün 80, im Spital Rheinfelden usw. In einer Kirche aber habe sie noch nie ausgestellt, sagt sie, das sei eine Premiere. Und auch, dass sie allein ausstelle; darauf freue sie sich.
Die Schönheit einer Baumrinde
Früher hat Käthy Keller vor allem gemalt, doch dann wollte sie Neues ausprobieren, „Dinge, die nicht alle machen“. Die Werke, die sie diesmal präsentiert, sind inspiriert von der Baumrinde. Überhaupt habe sie eine starke Verbindung zum Wald, sagt Käthy Keller, und wenn sie von der Baumrinde erzählt, kommt sie ins Schwärmen: „Baumrinden sind künstlerisch unglaublich spannend, mit Rissen, Brüchen, Löchern, die der Specht reingehämmert hat, von Moos überwachsen und so weiter, jedes Stück ist einzigartig, und jedes von verzaubernder Schönheit.“
Beim Tüfteln mit neuen Techniken entdeckte sie, dass man Keramikplatten durch den Brennprozess in einer Weise zum Zerbrechen bringen kann, dass sie danach ähnlich wie Baumrinden aussehen und ebenfalls jedes Exemplar einzigartig ist. Wie das genau vor sich gehe, sei derzeit noch ihr gut gehütetes Geheimnis, doch irgendwann werde sie es weitergeben. „Ich liebe es, Sachen weiterzugeben“, sagt Käthy Keller, „sobald ich selber sicher weiss, wie sie funktionieren. Andere können damit dann ihr Eigenes machen.“ In einem Buch – „Mit Freude, Ton und Fantasie“, lautet der Titel – hat sie eine Fülle von Methoden zusammengetragen.
So eloquent Käthy Keller sich zu den Techniken äussert, so zurückhaltend gibt sie sich bei der Frage, was sie mit ihren Werken denn zum Ausdruck bringen will. Jedenfalls gehe es ihr nicht um eine Botschaft wie: „Rettet den Wald!“, „Rettet unsere Welt!“, und auch wenn Klebetechniken bei ihren Werken zur Anwendung kommen, an einen Baum kleben werde sie sich nicht. Wenn, dann gehe es ihr um eine Repräsentation der Schönheit des Waldes und der Natur.
Die zwölf Apostel
Und dann habe sie da noch ein kleines Supplement für den Pfarrer mit seinen ewigen Fragen nach dem Sinn, sagt sie maliziös, und zeigt eine skurrile Gruppe von abgebrannten Baumstrunken, auf die tönerne Köpfe modelliert sind. „Diese Herren“, sagt sie, „heissen ‚die zwölf Apostel‘“. Kürzlich sei im Olsberger Wald ein Brandstifter unterwegs gewesen und habe einen Ster Holz abgefackelt. Sie habe dann den Waldbesitzer angerufen, und nachdem sie ihn davon überzeugen konnte, dass nicht sie die Brandstifterin sei, habe sie von ihm die Erlaubnis erhalten, die verkohlten Scheite zu verwenden.
Wie sie denn darauf gekommen sei, den Hölzern Tonköpfe aufzusetzen, fragt der Schreibende. „Das schreit doch danach“, lautet die Antwort. „Solche Ideen kommen einfach.“ Ihr Mann – „er ist mit seinem handwerklichen Geschick eine unverzichtbare Hilfe“ – wurde beauftragt, unten eine Beschwerung anzubringen, und während dieser Tätigkeit kam ihm der Titel dieses Werks in den Sinn, eben: » „Die zwölf Apostel“. Derzeit schreinert er noch einen Tisch, auf dem die Herren alle nebeneinander Platz haben.
Und der Pfarrer wird mit der Aufgabe bedacht, im Gottesdienst anlässlich der Vernissage über die Berufung der zwölf Apostel zu predigen. All diese Ideen entwickelt Käthy Keller spontan, in unbeschwert-heiterer Atmosphäre. Wir lachen viel. Sie erzählt von einem Leben, das zufrieden, rund, gelungen wirkt. Die drei Kinder sind glücklich verheiratet, Käthy und Marcel Keller hüten oft und gern die sieben Enkelkinder, sechs davon sind Buben, einige von ihnen wollen Töpfer werden.
Das Klischee von der Künstlerin, die ihre Werke aus den Abgründen der eigenen Existenz heraus gebiert, kommt bei Käthy Keller nicht wirklich zum Tragen. Als der Schreibende am Schluss des Gesprächs auf die Frage, welche „Botschaft“ ihm denn in den Sinn komme bei den Baumrindenbildern, etwas verlegen seine liebste Zeile von Leonard Cohen zitiert – „There’s a crack in everything, that’s how the light gets in“, „in allem gibt es einen Bruch, das ist die Weise, wie das Licht eintritt“ –, spürt er selber, dass der Sinn der Werke damit nicht erfasst ist. Nicht undenkbar, dass der Sinn schlicht in der Schönheit liegt.
Die Ausstellung der Keramikbilder von Käthy Keller im reformierten Kirchgemeindehaus Kaiseraugst dauert bis am Sonntag, 9. Juli.
Öffnungszeiten:
Freitag, 26. Mai; Samstag, 27. Mai; Freitag, 2. Juni; Freitag, 9. Juni: jeweils 14-17 Uhr, in Anwesenheit von Käthy Keller
Gottesdienste: Sonntag, 4. Juni, 19.15 Uhr; 11. Juni, 10 Uhr; 2. Juli, 10 Uhr
Gottesdienst und Finissage: 9. Juli, 10 Uhr
Ein Rückblick auf die Vernissage findet sich » hier.