Kerosinvögel über dem Naturschutzgebiet: Pilgern zwischen den Welten von Natur und Technik

WhatsApp Image 2023-09-04 at 15.46.14 (Foto: Annemarie Müller)
Ein Bericht über Pilgererlebnisse und ein geistiges Spagat auf der vorletzten Etappe des Hugenottenweges von Genf nach Schaffhausen.
Annemarie Müller
Pilgerwanderung von Melligen nach Bülach vom 2./3. September 2023

Viele der 17 Teilnehmenden sind schon etliche Jahre mit dabei auf dem Weg von Genf nach Schaffhausen, einem alten Kulturweg der Hugenotten und Waldenser. Daher herrscht bei der ersten Begegnung am Bahnhof Rheinfelden bereits eine schön vertraute Atmosphäre. Wir starten im noch verschlafen wirkenden Städtchen Mellingen unsere diesjährige Pilgeretappe bei der schönen Brücke über die Reuss. Der Weg führte uns gemütlich über Wald und Feld bei prachtvollem Sonnenschein. Es tut so gut, sich einfach auf den Weg zu begeben, mitzugehen im Einklang mit der Natur und den Gedanken bei Begegnungen untereinander freien Lauf zu lassen oder zuzuhören. Zum Pilgern gehört aber auch Schweigen, die Landschaft vorbeiziehen zu lassen und zu sich zu kommen. Wir vertrauen uns Schritt um Schritt der Mutter Erde an und spüren dabei die Weite des Himmels über uns. Ja, Gott zeigt sich in allem und ist in all unseren Sinnen. Wir finden einen schönen Rastplatz, wo wir pausieren und uns leiblich stärken. Danach lauschen wir andächtig auf Flötenmusik einer Teilnehmerin und einfühlsame Worte von unserem Pfarrer. Weiter nach Remetschwil führt uns der Weg dann zünftig bergauf und wir gelangen zum Egelsee, einem richtigen Naturschutzparadies. Nach kurzem Verweilen
geht es weiter und bald führt der Weg steil abwärts Richtung Kindshausen. Keiner weiss so genau, wo die Grenze zwischen Aargau und Zürich liegt. Beim weiten Blick auf das dicht besiedelte Dietikon werden die Unterschiede vom ländlichen Aargau zum städtischen Zürich dann gut ersichtlich. Geschafft und erfüllt finden wir kurz vor unserm Hotel ein nettes Gartenbeizli und kommen so gut an.

Am zweiten Tag verzichten wir auf ein verkehrsreich uninteressantes Teilstück zu Fuss und nehmen den ÖV bis Glattbrugg. Entlang des Wasserlaufs der alten Glatt führt uns der Weg ca. zwei Stunden durch ein Naturschutzgebiet entlang der Einzäunung des Flughafens Kloten. Zur Einstimmung nehmen wir uns wieder Impulse aus dem Büchlein ‘Aufbrechen-Nachdenken-Ankommen’ zu Gemüte. Wir versuchen uns im ‘Fussbeten’ den Weg unter unseren Füssen aufrecht und aufrichtig spürend im Schweigen. Wie spannend, in Achtsamkeit zu gehen und die tief über unseren Köpfen hinwegdonnernden ,Kerosinvögel’ zu beobachten! Wir erreichen zum Mittagsrast ein Selbstbedienungsbeizli. Hier schauen wir staunend der Landung von unzähligen Flugzeugen aus nächster Nähe zu. Nun verbleiben uns nur noch wenige Kilometer bis zu unserem Etappenziel in Bülach. Doch vorher halten wir nochmals dankbar inne bei einer Waldhütte für eine Rückschau des gemeinsam Erlebten. Im nächsten Jahr werden wir unseren Pilgerweg beschliessen mit einer Wochenendetappe nach Schaffhausen. Wir freuen uns jetzt schon darauf.
Pilgern-23
04.09.2023
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Fotograf/-in
Ursula Brülisauer und Weitere