Wunder in Kafarnaum: Gottesdienst mit Predigt zu Mk 1, 21-34

Evangelist Markus mit seinem Symbol, dem Löwen (Foto: Frans Vandewalle / flickr / wikiart)
Musik: Rani Orenstein
Kollekte: Schulprojekt Nicaragua, Peter Senn
Wundergeschichten sind „fremde Gäste“ in unserer Welt (G. Theissen). Das gilt zumindest für die aufgeklärte europäische Kultur. Entsprechend schwer tun wir uns mit den Exorzismen und Heilungen der Bibel.

Der grosse Berner Dichter-Pfarrer Kurt Marti beginnt seine Kanzelrede zum für diesen Gottesdienst vorgesehenen Predigttext (siehe unten) mit einer Kaskade von Fragen:

„Was geht eigentlich in dem Moment vor, wo sich der Mann mitten in der Synagoge offenbar am Boden wälzt und der ‚unreine‘ Geist aus ihm ausfährt? Was ist das überhaupt: ‚unreiner Geist‘?“

Die Fragen bleiben im Raum stehen. Marti gibt entwaffnend ehrlich zu:

„Ich muss zugeben, ich kann diese Fragen nicht beantworten. Ich bin ein Verstandesmensch.“

Indessen: Auch der Verstandesmensch weiss um Zwänge, fixe Ideen, Neurosen. Er sehnt sich nach Befreiung von „Besessenheit“, die keine Psychose sein muss, die vielleicht auch einfach eine „normale“ Sucht ist. Er hat schon die Kraft gespürt, die sich überträgt – wortlos, mittels blosser Berührung.

Und dann ist da noch etwas – etwas, wofür der Verstandesmensch besonders sensibilisiert ist: Die Geschichten, die da erzählt werden, sind keine direkten Berichte, wie man sie der Zeitung entnimmt. Sie sind stilisiert, formalisiert, folgen wie Märchen und Sagen gewissen typischen Elementen. Eben so werden sie zu Literatur, die einen als solche berührt.

Da ist in unserem Predigttext etwa der erzähltechnisch geschickte Gegensatz zwischen dem öffentlichen Exorzismus-Drama und der stillen, intimen Geschichte von der Heilung der Schwiegermutter des Petrus im privaten Haus. Und dann ist da am Ende des Tages zusammenfassend das „Summarium“, das von vielen Heilungen und Exorzismen berichtet. Die Vorstellung, wie sich das ganze Dorf vor der Tür von Petrus‘ Haus versammelt, ist nicht ohne Humor.

„So humpeln und kriechen und kommen sie aus allen Gassen und Ecken hervor“, sagt Kurt Marti mit im Verlauf der Predigt spürbar wachsender Begeisterung für die gut erzählte Story. Überall breitet sich also die heilende Energie des Gottesreichs aus, hinaus in die Synagoge und den Dorfplatz, hinein ins stille Kämmerlein und bis in die Tiefe des Herzens.

Zum Ende seiner Predigt sagt Kurt Marti:

„Wenn wir den Namen Jesus aussprechen, so sprechen wir nicht nur einen Namen aus, wir rufen diese freie und befreiende Gewalt an.“

Sie wirkt sich aus, diese „Vollmacht“ Jesu Christi. Auch heute noch.

Predigttext: Ein Tag in Kafarnaum (Mk 1, 21-34)


Die Heilung eines Besessenen

1, 21 Und sie kommen nach Kafarnaum. Und sogleich ging er am Sabbat in die Synagoge und lehrte. 22 Und sie waren überwältigt von seiner Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten. 23 Und sogleich war da in ihrer Synagoge einer mit einem unreinen Geist, der schrie laut: 24 Was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus von Nazaret! Bist du gekommen, uns zu vernichten? Ich weiss, wer du bist: der Heilige Gottes! 25 Und Jesus schrie ihn an und sprach: Verstumme und fahr aus! 26 Und der unreine Geist zerrte ihn hin und her, schrie mit lauter Stimme und fuhr aus. 27 Und sie erschraken alle so sehr, dass einer den andern fragte: Was ist das? Eine neue Lehre aus Vollmacht? Selbst den unreinen Geistern gebietet er, und sie gehorchen ihm. 28 Und die Kunde von ihm drang sogleich hinaus ins ganze Umland von Galiläa.

Die Heilung der Schwiegermutter des Petrus

29 Und sogleich verliessen sie die Synagoge und gingen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und des Andreas. 30 Die Schwiegermutter des Simon aber lag mit hohem Fieber im Bett; und sogleich erzählten sie ihm von ihr. 31 Und er trat herzu, nahm ihre Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr, und sie bewirtete sie.

Weitere Heilungen


32 Am Abend aber, als die Sonne untergegangen war, brachten sie alle Kranken und Besessenen zu ihm. 33 Und die ganze Stadt war vor der Tür versammelt. 34 Und er heilte viele, die an mancherlei Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Und die Dämonen liess er nicht reden, weil sie ihn kannten.

Kontakt: Pfr. Andreas Fischer